Ein langer, harter Weg liegt vor uns!
Douglas C. Kane, der Autor des im nächsten Jahr erscheinenden Buches „Arda Reconstructed: The Creation of the Published Silmarillion“, schrieb via TORN einen etwas längeren Bericht über den Fall Tolkien vs. New Line, um entstandene Missverständnisse zu beseitigen. Neben Kristin Thompson, der Autoren des Buches „The Frodo Franchise“ ist auch Douglas C. Kane Insider in dem Fall. Er ist Anwalt und hat die Situation, auch hinsichtlich der anstehenden HOBBIT-Filme, einmal unter die Lupe genommen.
Die Verträge
Der jetztige Rechtsstreit rührt aus zwei Verträgen, die damals abgeschlossen wurden. Ein Vertrag wurde mit United Artists (UA) geschlossen. Er gab ihnen die Filmrechte an der HERR DER RINGE-Trilogie und am HOBBIT. Er wurde zwischen UA und einer Firma mit dem Namen Sassoon Trustee and Executor Corporation, Ltd. (der Sasson Vertrag), die Repräsentanten Tolkiens, geschlossen. Der andere Vertrag existiert zwischen UA und George Allen & Unwin, Ltd. (der GAU Vertrag), Tolkiens damaliger Verleger. Im Grunde besagen diese Verträge, dass UA die Exklusivrechte an dem Film trägt, im Gegenzug dazu aber Sassoon und George Allen & Unwin auszahlen muss. Beide zusammen sollen 7,5% des Bruttogewinns bekommen, nachdem die New Line 2,6-mal die Produktionskosten eingespielt habe.
Die Ansprüche
Wie bekannt, fordern die Kläger ihre 7,5% ein, von denen New Line bislang noch nichts gezahlt habe; mindestens $US 150 Mio. Schadensersatz fordern sie. Dazu wollen sie erreichen, das New Line über einen richterlichen Beschluss die exklusiven Filmrechte für den HOBBIT aberkannt werden. Auch Tolkiens Anteil an den Einnahmen an THE TWO TOWERS soll über eine richterliche Feststellung geregelt werden. Aufgrund der Verworrenheit durch die beiden Verträge geht New Line davon aus, dem Tolkienlager lediglich 2,5% zahlen zu müssen; entgegen den 7,5% für THE FELLOWSHIP, THE RETURN OF THE KING und THE HOBBIT, die vertraglich bestimmt wurden. Die Ankläger wollen aber die 7,5% für alle Filme durchsetzen - wie es auch in den Verträgen nach ihrer Interpretation steht. Sollte dies vom Richter nicht bestätigt werden, so bitten die Kläger, diese Klausel auf 7,5% abzuändern, denn so war es ursprünglich von den Vertragspartien vorgesehen.
Der nächste Vorwurf ist Betrug. Dieser Gesichtspunkt ist aber heiß umstritten. Das Tolkienlager beschuldigt New Line der ungenauen Darstellung und Geheimhaltung von Fakten, die ihnen zum Nachteil sein könnten. Daraus folgend fordern die Kläger auch hierfür Schadensersatz.
Weiterhin sollen gerichtlich die Bücher geprüft werden, sodass der den Klägern zustehende Anteil exakt bestimmt werden kann.
Da das Geld, das eigentlich den Klägern ausgezahlt werden müsste, jahrelang bei New Line hortete, wollen die Kläger auch eine Beteiligung an dem Gewinn, den New Line durch das Horten erzielt hat. Desweiteren wollen die Kläger eine Wiedergutmachen über den allgemeinen Vertrauensbruch! Auch dieser Punkt ist heiß umstritten.
Was bisher passierte
Wie bereits bekannt, reichten die Kläger ihre Beschwerde am 11. Februar 2008 ein. Nach amerikanischem Recht hat der Angeklagte 30 Tage Zeit, sich zu der Anklage zu äußern und sich zu verteidigen. Ebenfalls kann ein Rechtseinwand erfolgen, der die Anklage anfechtet. Da in den 30 Tagen jedoch nichts passierte, ging man davon aus, dass eine Einigung erfolgt sei. Bestätigt wurde diese Annahme durch ein Abkommen, die Frist um weitere 30 Tage zu verlängern.
Letztlich machte New Line am 14. Mai eine rechtliche Einwendung. Jedoch nicht über die gesamte Anklage, sondern lediglich über den 5. Punkt, der Betrügerei, und den 8. Punkt, der Treuhandsverletzung. Dies sind lediglich Anklagepunkte, in denen die Kläger Schadensersatz fordern. Gleichzeitig legte New Line einen Verfahrensantrag zur Verhandlung über die Schadensersatzforderungen.
Derweil wurde ein Treffen zum Fallmanagement auf den 6. Juni 2008 festgelegt. Dies ist eine Standartprozedere, dass allerdings in der öffentlichen Presse extrem falsch interpretiert wurde (TIMES ONLINE, SPION, TAZ). Es führte sogar soweit, dass angenommen wurde, Christopher Tolkien werde persönlich erscheinen, um die Rechte für den HOBBIT zurückzufordern. Dies beschmutze das Ansehen Christopher Tolkiens enorm. In dieser Sitzung jedoch treffen sich nur die Richter und die Anwälte, um einen Fahrplan für den weiteren Verlauf des Falles zu erstellen.
Während dieser Konferenz setzte das Gericht einen Gerichtstermin für den 19. Oktober 2009 an; ein Geschworenengericht wird in 15-20 Tagen über den Fall entscheiden. Und dann endgültig!
Was passiert als nächstes?
Als nächstes wird das Gericht ein Verhör über die rechtliche Einwendung New Lines und ihren Verfahrensantrag zur Aushandlung des Schadensersatzes sein. Dies wird am 24. oder 27. Juni stattfinden. Auch wenn New Line in diesen Punkten Recht gegeben wird, ist der Fall noch längst nicht vom Tisch.
Kane schreibt, dass es in der Regel schwierig sei, bei einem Vertrag den Vorwurf des Betrugs zu erheben, es sei denn, man könne nachweisen, der Kläger sei eben durch den Betrug dazu veranlasst worden, den Vertrag abzuschließen. Das ist hier aber nicht der Fall, der Vertrag war ja schon längst geschlossen. Der Kläger wirft dem Beklagten nun vor, Betrug begangen zu haben, indem er falsche Angaben über seine Einnahmen gemacht habe. Der Beklagte argumentiert, dass selbst wenn er falsche Angaben gemacht hätte (was er bestreitet), kein Betrug vorläge, weil dazu gehört, dass der Kläger sich auf die falschen Angaben des Beklagten verlässt und ihm daraus ein Schaden entsteht. Der entscheidende Punkt (für den Vorwurf des Betrugs in der Klage) ist also weniger die Frage, ob New Line falsche Angaben gemacht hat, sondern die, ob dem Kläger daraus ein Schaden entstanden ist. Das ist ein ziemlich starkes Argument.
Der Kläger behauptet nun, die falschen Angaben hätten ihn (wenigstens zeitweise) davon abgehalten, Schritte einzuleiten, um seine Interessen zu wahren. Kane schreibt, dies sei aus zweierlei Sicht fraglich. Zum einen gebe es keinen Hinweis darauf, dass der Kläger den falschen Angaben jemals geglaubt hätte; schließlich habe man schon seit kurz nach Erscheinen des ersten Teils darum gestritten. Entscheidender für den Erfolg des Einwands des Beklagten sei aber, dass der Kläger schließlich doch Schritte eingeleitet habe, um seine Interessen zu wahren, nämlich eben die Klage zu erheben. Kane sieht daher keinen Schaden für den Kläger, da er trotz der behaupteten Verzögerung noch immer seine Ansprüche plus Zinsen voll durchsetzen kann.
Jetzt wird es aber noch komplizierter. Die Kläger behaupten, New Line habe Dokumente zerstört, um die Wahrheit und das, was zu Gunsten der Kläger existiere, zu vertuschen. Dies ist eine direkte Verbindung zu dem Fall vor einiger Zeit, als New Line $125.000 zahlen musste, weil sie die verlangten Dokumente nicht vorweisen konnten. Die Kläger könnten erfolgreich sein, wenn sie behaupten, dass New Line durch die willentliche ungenaue Darstellung der Profite und die daraus resultierenden Prozesse Zeit gewonnen habe, um Beweisdokumente zu verstören. Daher könnte das tatsächliche Ausmaß des Vertragsbruches niemals richtig bestimmt werden. Dies ist aber nur ein Nebenargument. Das Hauptargument indes besagt, dass New Line durch Zeitgewinn Millionen von Dollar zurück gehalten habe, die eigentlich dem Tolkien Trust gehörten. Die zeitliche Verzögerung habe dem Tolkien Trust nun Schaden zugefügt. Dieser Versuch, einen Fall über Vertragsbruch in einen Fall über Betrugsversuch zu konvertieren ist sehr ungewöhnlich und minder durchsetzbar.
Der Bruch der Treuepflicht wird durch das Argument bestärkt, dass die Verbindung zwischen den Parteien eine lange und vertrauliche ist. Es ist allerdings nicht sicher, ob die Behauptung einer solchen beziehung zu einer Treuepflicht seitens New Lines führe. Das Gericht könnte den Klägern aber die Möglichkeit geben, dies weiter auszuführen.
Obwohl New Line gute Argumente auszuweisen hat, komme es selten vor, dass ein Gericht aufgrund eines Widerspruchs des Beklagten Klageansprüche abweise; in der Regel wolle das Gericht sehen, welche Beweise es für die jeweiligen Ansprüche gibt. Nachdem New Line den Rechtseinwand zur Bestreitung der Vorwürfe eingereicht hat und diese geklärt wurden, beginnt die Aufdeckungsphase. Hier müssen beide Seiten eidesstattlich aussagen über Dokumente und Informationen, um ihren Standpunkt zu verhärten.
Beide Seiten stimmten bereits einer Schlichtung zu. Dabei wird ein Treffen der Partein stattfinden, bei dem ein neutraler Vermittler anwesend sei, der dann einen Kompromiss auszuhandeln versuche. alls es zu keiner Einigung komme, weder im Schlichtungsverfahren noch in direkten Verhandlungen zwischen den Parteien, werde die Sache im Gerichtsverfahren geklärt, das im Oktober 2009 beginnen soll. Über die Frage, ob der Kläger dem Beklagten die Filmrechte nehmen darf, entscheide nicht die Jury, sondern der Richter, weil es sich um eine reine Rechtsfrage handle (und keine Tatsachenfrage).
Natürlich besteht für beide Seiten das Recht, Berufung einzulegen, was einen weiteren Aufschub bedeutet.
Kane schreibt nicht, dass bei einem Schlichtungsverfahren ein neutrales Abkommen geschlossen werde, sondern dass ein Schlichtungsverfahren ein Treffen der Parteien mit einem neutralen Vermittler sei, der dann einen Kompromiss auszuhandeln versuche. Falls es zu keiner Einigung komme, weder im Schlichtungsverfahren noch in direkten Verhandlungen zwischen den Parteien, werde die Sache im Gerichtsverfahren geklärt, das im Oktober 2009 beginnen soll. Über die Frage, ob der Kläger dem Beklagten die Filmrechte nehmen darf, entscheide nicht die Jury, sondern der Richter, weil es sich um eine reine Rechtsfrage handle (und keine Tatsachenfrage).
Die wichtigste Frage
Was wird dieser Gerichtsfall für den HOBBIT bringen? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der HOBBIT aufgehalten wird? Die Antwort lautet: Nicht sehr groß!
Die Kläger behaupten, dass die Verträge ihnen das Recht geben, New Line die Rechte für den HOBBIT zu entziehen. Es ist nicht eindeutig erkennbar, aber die fordern anscheinend nur die Rechte von New Line zurück. In diesem Fall würden die Rechte zurück an Saul Zaentz gehen. Inwiefern weitere Bestimmungen greifend sind, ist bislang aber nicht klar.
Eines aber ist klar: Die Kläger werden nicht in der Lage sein, das Gericht aufzufordern, den HOBBIT zu stoppen, solange es nicht klar ist, wie viel Geld ihnen durch die HERR DER RINGE-Trilogie geschuldet wird. Entsprechend dem Vertrag dürfen sie dies auch gar nicht. So lange also nicht feststeht, wie viel Geld New Line den Klägern schuldet, darf der HOBBIT auch nicht aufgehalten werden.
Die Chancen stehen außerdem eher Schlecht, dass ein Richter ein Projekt aufhalten wird, dass zu dem Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung auf dem besten Wege ist, umgesetzt zu werden.
Wie dieser Streit am Ende jedoch ausgeht, wissen nur Manwë und Varda, und es obliegt ihnen, das Richtige passieren zu lassen.
helix - 15. Jun, 01:56
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